Der Kundenkreis von Agip-Pächter Bertil Kögler ist gut betucht, denn am bayerischen Tegernsee wohnt und verkehrt Münchens Prominenz. Doch beim Tanken greifen nicht nur die VIPs in den Zigarrenhumidor.
Eine knappe Autostunde südlich von München münden einige Bäche in den beschaulichen Tegernsee. In der Voralpen-Idylle sucht Münchens Prominenz Zuflucht aus dem Alltag. Fußballspieler wie Manuel Neuer und Philipp Lahm leben hier genauso wie der CEO von Airbus, Thomas Enders. Von der Kaufkraft der reichen Zugezogenen profitieren die Einheimischen, allen voran Tankstellenpächter Bertil Kögler.
Der 38-Jährige zieht seit Anfang des Jahres die Fäden an der Agip-Tankstelle in Tegernsee am gleichnamigen See. „Ich bin in der Gegend aufgewachsen und hier zur Schule gegangen. Dadurch kennt man die Klientel, die bereit ist, Geld für gute Sachen auszugeben“, erzählt Kögler. Zu den guten Sachen rechnet er Zigarren, und zwar nicht die gängigen Shortfiller, die aus gehäckseltem Tabak gepresst werden, sondern die Longfiller. Jene werden aus ganzen Tabakblättern gerollt und sind aufgrund der Handarbeit teurer, aber auch aromatischer.
Damit sie ihr Aroma behalten, benötigen die Longfiller eine spezielle Lagerung: Als eine seiner ersten Amtshandlungen bestellte sich der Pächter also einen Humidor. So nennen Tabakfachleute den kühlschrankgroßen Kasten, in dem Zigarren aufbewahrt werden. Er sorgt für eine konstante Temperatur von 18 bis 19 Grad Celsius und eine tropische Luftfeuchtigkeit von rund 70 Prozent, bei der die zwei bis acht Euro teuren Produkte nachreifen. So konservieren sie ihr volles Aroma und können über Jahre gelagert werden, ohne an Qualität einzubüßen.
Mehr als 800 Zigarren verkauft
Den abschließbaren Schrank erhält Kögler für die Vertragslaufzeit vom Schweizer Zigarrenhersteller Villiger umsonst zur Verfügung gestellt, dessen Vertriebsteam auch die regelmäßige Nachbestückung vornimmt. Das ist wichtig, denn die Zigarren drehen sich an der Station, die am Fuße eines Golfclubs liegt, sehr gut. Mit über 800 verkauften Longfillern im bisherigen Geschäftsjahr ist Kögler zufrieden, am Jahresende will er prüfen, ob sich die Anschaffung eines zweiten Humidors, vielleicht mit Produkten von Arnold André oder Scandinavian Tobacco, lohnen würde.
Jedoch möchte der Pächter den Verkauf von Zigarren anderen Tankstellenbetreibern nicht pauschal empfehlen. An seiner zweiten Station in Bichl bei Penzberg zum Beispiel hat er weder die Zielgruppe noch den Platz für einen Humidor. Am Tegernsee setzt Kögler neben der idealen Kundschaft und seiner eigenen Vorliebe, die er vom Großvater und vom Papa in die Wiege gelegt bekommen hat, aus weiteren Gründen auf die Zigarre: Longfiller bieten eine Marge von rund 40 Prozent. Die fette Robusto aus der Dominikanischen Republik kauft er beispielsweise zu einem Preis von 5,50 Euro ein und bietet sie für acht Euro an. Außerdem stärkt Kögler sein Image als Tabakexperte: „Neben dem normalen Zigarettensortiment haben wir Schnupf- und Kautabak sowie Shortfiller im Laden. Der Humidor sorgt für ein Vollsortiment und bringt unsere Expertise rüber.“
Die Zigarren, die unter anderem aus Köglers Lieblingsherkunftsland Nicaragua stammen, sind übrigens nicht nur für Wohlhabende interessant. „Vom Handwerker bis zum CEO haben wir eine breite Kundenschicht. Den stereotypen Käufer gibt es nicht“, meint Kögler. Weil die Geschmäcker sehr unterschiedlich sind, braucht es in jedem Fall eine fachkundige Beratung. Aber das ist für den passionierten Paffer Kögler ohnehin kein Problem.