20.11.2017 MAPIC 2017: Ein Blick in die Zukunft der Einkaufszentren

Die strukturellen Änderungen, die in den kommenden Jahren auf Einkaufszentren und Einkaufsstraßen zukommen, werden noch tiefgreifender sein, als sich in den vergangenen Jahren bereits abzeichnete: Dieses Fazit ziehen Experten nach der weltgrößten Messe für Einzelhandelsimmobilien, der MAPIC in Cannes, die auch als wichtigstes Trendbarometer der Branche gilt.

„Anbieter von Einzelhandelsflächen müssen in den nächsten zehn Jahren mit so vielen Mieterwechseln rechnen wie selten zuvor“, prognostiziert Jörg Bitzer, Leiter des Bereichs Einzelhandelsimmobilien bei EHL Immobilien, einem der führenden Immobiliendienstleister Österreichs. „Einerseits werden insbesondere in Mitteleuropa zahlreiche traditionelle Großmieter aus den Bereichen Textil, Schuhe und Elektronik oder auch Banken Flächen reduzieren, andererseits drängt eine Vielzahl von neuen, oftmals allerdings auch kleineren Konzepten auf den Markt, die für gut gemanagte Standorte eine enorme Chance darstellen. Es wird also längerfristig weniger Flächennachfrage geben und wir werden ganz andere Shops und Dienstleister sehen als heute.“

Die vielleicht wichtigste Änderung ist ein starker Anstieg gastronomischer Angebote, auf die ein deutlich höherer Anteil am Gesamtumsatz von Einkaufszentren entfallen wird. Besonders in der System- und Erlebnisgastronomie im mittleren Preisbereich gibt es eine Welle spannender Newcomer: „Hier wird es eine große Vielfalt gastronomisch, preislich und regional differenzierter Konzepte geben. Das entspricht dem Wunsch nach Abwechslung und Erlebnis weit besser als es wenige marktbeherrschende globale Multis könnten.“

Die zweite große Veränderung ist ebenfalls dem Trend zum erlebnisorientierten Einkauf geschuldet: die starke Ausweitung von Entertainmentangeboten. Virtual-Reality-Erlebnisse in 3-D-Shows, Gaming Areas, aufwendige Kindererlebnisbereiche oder auch bis zu mehreren Tausend Quadratmeter große Sportbereiche – z.B. Trampolinparks – sind nur einige der neuen Entertainmentangebote, die auf der MAPIC präsentiert wurden und auf enormes Interesse stießen. „Die Vielzahl der Show- und Mitmachangebote wird dazu führen, dass die Verweildauer im Einkaufszentrum der Zukunft deutlich zunehmen wird“, so Bitzer.

Und diese Zeit wird nicht für die Suche nach Produkten benötigt werden. Elektronische Leitsysteme und Vernetzung der verschiedenen Geschäfte innerhalb eines Einkaufszentrums werden den eigentlichen Wareneinkauf deutlich beschleunigen. „Der Konsument wird nicht nur zielsicher zu dem Produkt geführt, das er gerade sucht, er erfährt auch, wo er ergänzende Einkäufe tätigen kann; Sonderangebote bekommt er aufs Handy gemeldet und muss dafür nicht alle Verkaufslokale durchstöbern und vieles mehr“, zeigt sich Bitzer von den zahlreichen, bei der MAPIC präsentierten Innovationen beeindruckt.

Auch der weiter an Bedeutung gewinnende Onlinehandel ist kein Grund für Pessimismus für den filialgebundenen Einzelhandel: Der große Trend heißt Synergie statt Konkurrenz. „Das geht in alle Richtungen“, so Bitzer. „Kunden bestellen online und holen Waren in der Filiale ab, was insbesondere im Bereich Fashion zu deutlich weniger Retouren führt und zu zusätzlichen Impulskäufen in der Filiale animiert. Umgekehrt dienen die Filialen als begehbare Schaufenster, tatsächlich gekauft wird dann abends via Computer, was insbesondere bei unhandlichen und schweren Produkten den Einkauf deutlich bequemer macht.“
Die Veränderungen und Innovationen in der Einzelhandelslandschaft stellen für EKZ-Betreiber jedenfalls eine gewaltige Herausforderung dar. Bitzer: „Das Centermanagement wird so komplex wie nie zuvor sein. Technische Neuerungen sind zu implementieren, bauliche Veränderungen vorzunehmen und statt mit wenigen Expansionsmanagern einiger globaler Einzelhandelskonzerne zu reden, muss man künftig in einer deutlich vielfältigeren Einzelhandelsszene eng vernetzt sein, um die neuen Retail-, Gastro- und Entertainmentkonzepte zu gewinnen, ohne die das Einkaufszentrum der Zukunft einfach nicht mehr erfolgreich sein kann.“