Der heute vorgelegte neue bulwiengesa-Immobilienindex beschreibt zum 40. Mal in Folge die Immobilienpreisentwicklung. Die Methodik und die lange Reihe, in dem er erhoben wird, machen ihn zu einem wichtigen Gradmesser für nachhaltige Entscheidungen in Immobilienmarkt, Stadtentwicklung und Geldpolitik; die Daten fließen unter anderem in die Preisindizes der Deutschen Bundesbank ein. Die Ergebnisse aus den nun ergänzten Jahresdaten von 2015 zeichnen für den aktuellen Zyklus ein positives Bild. Nachdem von den 1970er Jahren bis Mitte der 1990er Jahre deutliche Wellenbewegungen mit hoher Dynamik im Immobilienzyklus zu sehen waren, folgte bis Mitte der 2000er Jahre eine Zeit mit kurzfristigerer Volatilität, welche zu Umsicht mahnte. Im aktuellen Immobilienzyklus hält das bemerkenswert konstante Wachstum deutlich länger an. Bereits seit elf aufeinanderfolgenden Jahren weist der bulwiengesa-Immobilienindex eine steigende Preisentwicklung auf.
In der aktuellen Berechnung für das Jahr 2015 können segmentübergreifend +3,7 % Wachstum verzeichnet werden (Wohnungsmarkt +4,2 %; Gewerbemarkt +2,6 %). Somit fallen die Steigerungen etwas geringer als im Vorjahr aus, bestätigen aber das Niveau der Jahre 2011 – 2013. Die Schere zwischen Immobilienpreiszuwachs und steigenden Lebenshaltungskosten (Inflationsrate: +0,3 %) hat sich vergrößert.
Die Ausgangsbedingungen auf dem deutschen Immobilienmarkt haben sich im Vergleich zum Vorjahr nur wenig verändert. Dreh- und Angelpunkt bleibt die konjunkturbelebende Niedrigzinspolitik der EZB. bulwiengesa-Vorstand Thomas Voßkamp kommentiert dazu: „Anleger müssen bei den derzeit niedrigen Zinserwartungen rentable Investitionsgüter finden. Und das sind Immobilien.“ Ein Ende der Finanzpolitik, die den Immobilienmarkt befeuert, ist derzeit nicht in Sicht, der Leitzins bleibt trotz der FED-Erhöhung bei 0,05 % und der Strafzins für Bankeinlagen wurde mit Ende 2015 noch einmal auf +0,3 % angehoben.
Das bereits hohe Preis- und Mietniveau in A-Städten lässt die Marktakteure auf der Suche nach risikoadäquaten Investments immer häufiger auf kleinere Märkte ausweichen. Im Fokus stehen Standorte mit angemessener zentralörtlicher Funktion, Wirtschaftskraft und universitären Einrichtungen. Beschäftigtenwachstum und gestiegene Realeinkommen beleben die Immobiliennachfrage. Beleg hierfür ist der relativ konstante und homogene Anstieg des bulwiengesa- Immobilienindex in B-, C- und D-Städten (2011 – 2015: +10,0 bis +13,0 %; A-Städte +17,0 %). Innerhalb dieser Stadtkategorien gibt es allerdings erhebliche Spannen.
Auffallend in den Zahlen ist eine Entkopplung zwischen Kaufpreisen und Mieten. Die Resultate der aktuellen Erhebung spiegeln dabei die allgemeine Entwicklung der letzten fünf Jahre wider. So sind die Kaufpreise für Neubauwohnungen seit 2011 in einer Spanne von 24,6 % in D-Städten bis zu 30,0 % in B-Städten massiv gestiegen. Im gleichen Zuge konnten die Neubaumieten „nur“ zwischen 15,8 % (D-Stadt) und 17,7 % (B-Stadt) zulegen. Im Gegensatz zum europäischen Ausland ist Deutschland mit einer niedrigen Eigentumsquote von unter 50 % weiterhin ein äußerst wichtiger Mietermarkt. Daher ist nachvollziehbar, dass die Politik angesichts des deutlichen Mietwachstums versucht, bei nicht ausreichend hohen Fertigstellungszahlen über die Mietpreisbremse regulierend einzugreifen.
Der gewerbliche Immobilienmarkt entwickelt sich im bulwiengesa-Immobilienindex mit einem Plus von 2,6 % positiv. Im Gewerbeimmobilienmarkt ist die Differenzierung nach Städtekategorien und Assetklassen jedoch ausgeprägter als im Wohnimmobilienmarkt. Es sind die A-Standorte, die sehr stark nachgefragt sind. Die gute Konsumlaune treibt die Einzelhandelsmieten in 1a-Lagen deutlich an. Internationale Filialisten probieren ihre Konzepte in deutschen Top-Lagen aus. Auch der Büromarkt kann in den A-Städten von den gestiegenen Beschäftigungsverhältnissen profitieren. Ein deutlicher Leerstandsabbau unterstreicht den Trend. Auf der Kehrseite können insgesamt 37 Standorte im Teilindex Gewerbe die Inflationsrate von 0,3 % nicht übertreffen, davon weisen 17 Standorte gar eine leicht negative Preisentwicklung auf. Hier handelt es sich vorwiegend um D-Standorte oder auch Standorte, die weiterhin vom Strukturwandel betroffen sind.
Ausblick
Der deutsche Immobilienmarkt wird 2016 ein weiteres Mal Preiswachstum zeigen. Denn obwohl der aktuelle Immobilienzyklus weit vorangeschritten ist, gibt es derzeit keine Hinweise auf konkrete Immobilienblasen oder ein Ende des Aufwärtstrends. 2016 werden ausländische Investoren noch stärker aktiv, um Niedrigzins und Währungseffekte zu nutzen. Folglich kann sich die zinsinduzierte Entkopplung von Investment- und Mietmärkten fortsetzen. Gute Eigenkapitalquoten, hohe Tilgungsraten und lange Kreditlaufzeiten minimieren Kreditausfallwahrscheinlichkeiten.
Dennoch sollte stets bedacht werden, dass in Niedrigzinszeiten kleine absolute Zinsänderungen drastische Folgen auf die Finanzierungsbedingungen haben können. Da auch die Preisniveaus europäischer Nachbarstaaten noch nicht erreicht sind, liegt ein anhaltendes Wachstumspotenzial für Kauf- und Mietpreise sowie anhaltend hohe Immobilieninvestments vor.