Die Gesamtrenditen (Total Return) für deutsche Immobilienanlagen waren 2015 mit 13,3 Prozent (2014: 13,1 Prozent) so hoch wie seit der deutschen Wiedervereinigung nicht mehr. Das geht aus dem aktuellen German Property Index (GPI) des Beratungs- und Analyseunternehmens bulwiengesa hervor. Zu dem Spitzenwert trugen besonders die Segmente Logistik (12,9 %, 2014: 11,1 %) und Büro (15,5 %, 2014: 11,4 %) bei, wohingegen die Segmente Einzelhandel (11,4 % nach 12,1 % in 2014) und Wohnen (15,0% nach 15,5 % in 2014) Einbußen hinnehmen mussten. „Wir befinden uns nahezu auf dem Gipfel des aktuellen Marktzyklus“, konstatiert Martin Steininger, Chefökonom bei bulwiengesa. Das nachlassende Wachstum bei Einzelhandel und Wohnen sei dabei kein Indiz für die Schwäche des Marktes, sondern Ausdruck einer weniger dynamischen Entwicklung im Vergleich zu den Vorjahren und Beitrag zur Marktstabilisierung. „Die gegenwärtigen Rahmenbedingungen – das historisch niedrige Zins- und Finanzierungsumfeld, die gesunkene Attraktivität alternativer Anlagemöglichkeiten sowie die gute Einkommens- und Geldvermögenssituation – legen die Vermutung nahe, dass die Nachfrage nach Eigentumswohnungen auch weiterhin hoch bleiben wird und sich lediglich die Kaufpreise weniger dynamisch entwickeln als in der Vergangenheit“, so Steininger.
Nachfrageüberhang am Investmentmarkt lässt Anfangsrenditen weiter sinken
Wesentlicher Grund für das Allzeit-Hoch ist nach Einschätzung von bulwiengesa der fortgesetzte Nachfrageüberhang am Investmentmarkt. In der Folge stieg das gewerbliche Transaktionsvolumen 2015 zum sechsten Mal in Folge auf 55,8 Milliarden Euro. Das sind 38 Prozent mehr als im Jahr davor (40,5 Milliarden Euro). Fast 47 Prozent entfielen hierbei auf Büroimmobilien, was ein Anstieg um 51 Prozent gegenüber 2014 bedeutet. „Sowohl die Finanzmärkte als auch die Realwirtschaft senden aus Sicht der Immobilienbranche positive Signale. Dies schlägt sich in dem deutlich gestiegenen Transaktionsvolumen im hiesigen Markt nieder“, so Steininger. „Gerade die Märkte für Gewerbeimmobilien an den sieben Top-Standorten in Deutschland erfreuen sich seit mehreren Jahren großer Beliebtheit, und Premium-Immobilien in Spitzenlagen, so genannte Core-Objekte, gelten spätestens seit der Finanz- und Wirtschaftskrise und fehlenden Investitionsalternativen als vergleichsweise sichere Investments.“ Folglich entfielen 2015 wiederum mehr als die Hälfte (56 Prozent) aller getätigten Investments auf Immobilienanlagen in den A-Städten, wie die größten deutschen Metropolen im Immobilieninvestment bezeichnet werden.
Auch 2016 steigende Spitzenmieten und sinkende Anfangsrenditen erwartet
Für 2016 geht Steininger weiterhin von einer großen Nachfrage nach erstklassigen Büro- und Logistikflächen aus: „Zwar legen die Projektentwicklungen fast überall zu, jedoch kann das bestehende Angebot als nicht ausreichend klassifiziert werden“, so der Chefvolkswirt. Gerade im Büroimmobiliensegment treffe eine gute Entwicklung der Beschäftigtenzahlen auf eine hohe Nachfrage nach erstklassigen Büroflächen in den Agglomerationsräumen. Der seit der Finanz- und Wirtschaftskrise nur verminderte Start von neuen Projekten habe nicht nur 2015 das Angebot verknappt. Dieser Trend setze sich auch 2016 fort: Steininger erwartet weiter steigende Spitzenmieten und einen weiteren Abbau der Leerstände.
Das hohe Kaufinteresse seitens in- und ausländischer Investoren hat nach Einschätzung von bulwiengesa insbesondere bei Logistik- und Büroimmobilien 2015 zu stärkeren Renditekompressionen geführt. Dies spiegelt sich in den höheren Capital-Growth-Werten wieder, die ausschlaggebend für die stärkere Entwicklung der Total Returns innerhalb der Segmente waren. Diese Entwicklung wird sich 2016 fortsetzen: „Aufgrund des zu erwartenden Wachstums der Mietpreise als auch ein weiteres, allerdings kommodes Absinken der Anfangsrenditen durch den Nachfrageüberhang werden die Immobilienpreise in nahezu allen gewerblichen Immobilienklassen 2016 weiter ansteigen“, ist sich Steininger sicher.
Investment- und Mietmärkte entkoppeln sich
Innerhalb der Marktsegmente hat bulwiengesa auch für 2015 eine Entkopplung von Investment- und Mietmärkten festgestellt. Diese wird sich nach Prognose der Experten 2016 auch regional – außerhalb den Metropolregionen – spürbar fortsetzen. Hierzu Steininger: „Bei Gewerbeimmobilien sind die niedrigen Renditen vor allem zinsinduziert und weniger durch die Fundamentaldaten gerechtfertigt. Zudem üben die hiesigen Immobilienmärkte eine hohe Anziehungskraft auf in- und ausländisches Kapital aus. Die Suche nach rentierlichen Anlagen generiert seit 2010 eine anhaltend hohe Nachfrage nach renditeorientierten Objekten in Deutschland.“
So hat sich beispielsweise bei Büroimmobilien der Capital-Growth-Wert deutlich von 5,5 Prozent (2014) auf 9,7 Prozent (2015) erhöht. Erstmalig seit 2007 tragen zudem die Cash-Flow-Werte mit durchschnittlich 6 Prozent weniger zum Total Return bei als die Capital-Growth-Komponente. Hintergrund ist, dass Metropolmärkte im Vergleich zu den nachrangigen Stadtkategorien, also B- bis D-Städte, durch hohe Ausschläge der Wertänderungsrate gekennzeichnet sind. In rezessiven Zeiten sinkt der Capital-Growth-Return somit stärker als in den übrigen Städten. Jedoch setzt der Aufschwung zu Beginn eines neuen Zyklus dann stärker ein. In dieser Marktphase bieten sich – neben dem relativ konstant verlaufenden Cash-Flow-Return – hohe Renditechancen für Investoren. Umgekehrt bedeutet dies, dass die hohen Preise für Immobilien in Top-Lagen dazu führen, dass Investoren sich nun verstärkt auf sogenannte 1B-Lagen fokussieren. Diese garantieren ebenfalls einen relativ sicheren Cash-Flow, wie etwa Objekte in Randgebieten von Metropolen oder mittelgroßen Städte. „Die Identifizierung von Hidden Champions garantiert neben der stabilen Ausschüttungsrendite auch die Möglichkeit, an der (kommenden) Wertveränderung zu partizipieren“, prognostiziert Steininger.