Boom auf dem Berliner Büroimmobilienmarkt: In der Hauptstadt könnten die Büroflächen bald knapp werden. Denn laut der Studie „Marktprognose 2020 – Berlins Büronutzer von morgen“, die von der TLG IMMOBILIEN AG bei der bulwiengesa AG in Auftrag gegeben wurde, wird sich die Zahl der Bürobeschäftigten in Berlin bis 2020 um 62.000 Personen bzw. 8,7 Prozent auf rund 775.000 erhöhen. Das entspricht einem Anteil von 40 Prozent aller Beschäftigten in der Hauptstadt.
Der Boom auf dem Berliner Büroarbeitsmarkt wird auch positive Auswirkungen auf dem Büroimmobilienmarkt haben. Die Berliner Büromieten werden in den nächsten Jahren weiter ansteigen, da sind sich Marktexperten einig. Zudem entsteht durch den Anstieg der Beschäftigtenzahl in Berlin bis zum Jahr 2020 ein zusätzlicher Büroflächenbedarf von bis zu 1,6 Mio. Quadratmetern.
Das sind einige der Ergebnisse des heutigen Round-Tables zum Berliner Büroimmobilienmarkt, an dem Andreas Schulten, Vorstand von bulwiengesa, Niclas Karoff, Mitglied des Vorstandes der TLG IMMOBILIEN AG, Philip La Pierre, Leiter Investment Management Europa der Union Investment Real Estate GmbH und Gregor Drexler, Bereichsvorstand Asset Management der CA Immo, teilnahmen.
Digitalunternehmen treiben Büromarkt
Die Zahl der Beschäftigten ist in Berlin mit einem Plus von 24 Prozent zwischen 2005 und 2015 stärker gestiegen als in London Central (plus 23 Prozent). Die positive Entwicklung wird in den kommenden Jahren anhalten, besonders getragen von Start-ups und großen Digitalunternehmen. Das ergab die bulwiengesa-Studie „Marktprognose 2020 – Berlins Büronutzer von morgen“. Marktdaten aus dem lokalen Büroimmobilienmarkt verraten, an welche Standorte innerhalb Berlins es die neuen Beschäftigten der Internetbranche zwischen 2005 und 2015 zog: Berlin-Mitte führt klar mit 33 Prozent, gefolgt von Prenzlauer Berg und Kreuzberg mit je 15 Prozent. Das bis 2020 zu erwartende weitere Wachstum wird eine Branchenstruktur schaffen, die in Summe zu 43 Prozent von Technologie-, Medien- und Telekommunikationsunternehmen, öffentlicher Verwaltung und unternehmensorientierten Dienstleistern getragen wird.
Bereits seit 2011 dominieren die Berliner Digitalunternehmen unter den Büroflächennachfragern, gefolgt vom Bund und der öffentlichen Verwaltung sowie Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern. „Berlin wird im Jahr 2020 775.000 Bürobeschäftigte haben, einen Anteil von 40 Prozent an allen Beschäftigten“, prognostiziert Andreas Schultenvon bulwienGesa. Die stärkste Zunahme der Bürobeschäftigten wird, getrieben von der Entwicklung Berlins zur Startup-Hauptstadt, mit knapp 14.000 Personen im Wirtschaftszweig Technologie, Medien und Telekommunikation (TMT) erwartet. Hinzu kommen mehr als 11.000 Bürobeschäftigte aus sonstigen unternehmensorientierten Dienstleistungen, die stark mit dem Sektor der prosperierenden Internetunternehmen verbunden sind (Werbung, Research, Wirtschaftsprüfung, Beratung etc.).
Büroflächenbedarf in Berlin liegt bis 2020 bei bis zu 1,6 Mio. Quadratmetern
Niclas Karoff, Vorstand der TLG IMMOBILIEN AG, zu den Perspektiven des Büromarkts in Berlin: „Die Berliner Büromieten werden in den nächsten Jahren weiter steigen. Ein geringer Leerstand von unter 3,5 Prozent, historisch niedrige Fertigstellungsvolumina von Büroflächen und ein kräftiges Wachstum der Bürobeschäftigten führen auch zukünftig zu einem überdurchschnittlichen Mietwachstum.“ Und Karoff ergänzt: „Die Zahl der Bürobeschäftigen wird sich bis 2020 um 62.000 erhöhen. Geht man davon aus, dass jeder Bürobeschäftigte rund 20 bis 25 Quadratmeter verbraucht, ist bis zum Jahr 2020 mit einem Büroflächenbedarf von bis zu 1,6 Mio. Quadratmetern zu rechnen. Das ist Etwa dreimal so viel wie die Bürofläche am Potsdamer Platz und Leipziger Platz zusammen.“
In der Entwicklung der Spitzen- und Durchschnittsmieten macht sich die Flächenknappheit ebenfalls bemerkbar. „In den letzten drei Quartalen ist die Spitzenmiete von 22,00 Euro/m²/Monat auf 25,50 Euro/m²/Monat hochgeschnellt. Das entspricht einer Steigerung von über 15 Prozent – in noch nicht einmal einem Jahr. Innerhalb eines Jahres sind auch die Durchschnittsmieten um rund sieben Prozent auf 15,60 Euro/m²/Monat gestiegen. Auch im Laufe des Jahres 2016 und darüber hinaus wird sich dieser Trend fortsetzen“, so Andreas Schulten.
Spekulative Büroflächenentwicklungen werden zunehmen
Gregor Drexler, Bereichsvorstand Asset Management der CA Immo, sieht diese Entwicklung ähnlich: „Die Nachfrage und somit die Mieten werden in den Berliner Büro-Hotspots weiter steigen. Zudem werden spekulative Büroflächenentwicklungen zunehmen. Dies ist jedoch projektabhängig und wird eher an besonders gefragten Standorten stattfinden.“ Die hohe Nachfrage, verbunden mit einem geringen Leerstand, hat aus Sicht von Drexler die Neubaufertigstellungen stark zunehmen lassen: „Diese reichen aber nicht aus, um den Bedarf zu decken. Aus unserer Sicht ist eine jährliche Neuentwicklung von 350.000 bis 450.000 Quadratmetern Bürofläche in Berlin nachhaltig.“
Büromieter aus den Wachstumsbranchen suchen vor allem citynahe bzw. Cityrand-Teilmärkte mit sehr guter (ÖPNV-)Anbindung und Urbanität, sind sich die Marktexperten einig: „Aufgrund der aktuellen Knappheitssituation werden alle zentralen Standorte in der nahen Zukunft gut laufen“, sagt Philip La Pierre, Leiter Investment Management Europa der Union Investment Real Estate GmbH und ergänzt: „Standorte wie Berlin-Mitte, City-West, Media-Spree, EuropaCity – aber auch beispielsweise Adlershof durch die dortige Allianz-Ansiedlung – sind und bleiben für Büromieter attraktiv.“ Potenzial für Büroimmobilien-Projektentwicklungen sieht Investmentexperte Philip La Pierre noch in Stadtteillagen wie Kreuzberg, Tempelhof, Schöneberg oder auch am Südkreuz.
Nur Toplagen interessant – Preiskorrekturen bei strukturellen Defiziten möglich
Auch wenn die Spitzenrenditen für Büroimmobilien in Berlin aktuell nur bei 3,85 Prozent liegen, sind die Investmentaussichten laut der Marktexperten weiterhin positiv. Investments lohnen sich vor allem in den etablierten Teilmärkten Mitte, Kreuzberg und Charlottenburg bzw. in ausgewählten anderen Lagen innerhalb des S-Bahn-Ringes. Investmentexperte Philip La Pierre: „Bei steigenden Preisen sind aus unserer Sicht eigentlich nur Toplagen oder Objekte mit sogenanntem „Underrent“ in nachhaltigen Lagen interessant. Bei guten Büroobjekten wird es vermutlich auch in der Zukunft kein „Downside“ geben.“ Allerdings sieht La Pierre den derzeitigen Preisboom auch kritisch: „Bei allen anderen Objekten in schwächeren Lagen und mit strukturellen Defiziten könnte es Preiskorrekturen geben. Wir glauben, hier tauchen als erstes wieder Vermietungsprobleme auf – auch wenn einem solche Objekte heute aus der Hand gerissen werden.“
Unzureichender Flächenzuwachs könnte zum Standortnachteil werden
Trotz aller positiven Wachstumsaussichten sieht auch Niclas Karoff Risiken, sollte Berlin der Nachfrage nach modernen Büroflächen und guter Infrastruktur nicht gerecht werden: „Die Büronachfrager arbeiten vor allem in nichtstörenden Gewerbebetrieben und bringen Leben in die Stadt. Um sie langfristig zu binden, muss Berlin maßvolle bauliche Verdichtungen zulassen sowie die IT-Infrastruktur stärken – und dabei vor allem den Aufbau des G5-Netzes und des Public WIFI vorantreiben.“ Zudem sollten Genehmigungsprozesse für Büroneubauten laut TLG IMMOBILIEN-Vorstand Karoff verschlankt und beschleunigt werden: „Unzureichender Flächenzuwachs könnte zum Standortnachteil werden und das Beschäftigungswachstum hemmen. Die Hauptstadt benötigt unter dem Schlagwort ‚innerstädtische Verdichtung‘ weitere Leuchtturmprojekte wie die EuropaCity am Hauptbahnhof, auch sollte man in Berlin keine Angst vor Großprojekten haben.“