Trotz der aktuellen globalen Rezession hat sich das inflationsbereinigte Preiswachstum bei Wohnimmobilien in den letzten vier Quartalen weiter beschleunigt. München und Frankfurt stehen ganz oben auf der Rangliste der am stärksten überbewerteten Wohnungsmärkte. Insgesamt herrscht derzeit in fünf europäischen Großstädten ein akutes Blasenrisiko. Das sind die zentralen Ergebnisse des UBS Global Real Estate Bubble Index 2020. Für die Studie hat das Chief Investment Office von UBS Global Wealth Management die Wohnungsmärkte in 25 Großstädten weltweit analysiert.

Während München bereits zum zweiten Mal in Folge ganz oben in der Blasenrisikozone steht, hat Frankfurt binnen einen Jahres Amsterdam, Hong Kong und Toronto hinter sich gelassen und belegt nun den zweiten Platz im globalen Ranking. Auch im bereits überhitzen Wohnungsmarkt von Paris ist das Blasenrisiko weiter gestiegen. Neu in der Risikozone ist Zürich. Damit ist der europäische Raum im weltweiten Vergleich die Region mit den meisten überhitzten Wohnungsmärkten.

Fokus München

Die Bewertung des Münchner Wohnungsmarktes hat sich vor allem durch die starke lokale Wirtschaft, attraktive Finanzierungsbedingungen und ein solides Bevölkerungswachstums bei gleichzeitiger Unterversorgung mit neuem Wohnraum weiter erhöht. Für den Kauf einer 60 m² Wohnung in Nähe des Münchner Stadtzentrums müsste ein qualifizierter Arbeitnehmer im Dienstleistungssektor derzeit rund neun Jahreseinkommen aufbringen. Die Anzahl der Jahre, die eine Wohnung gleicher Größe in München vermietet werden müsste, um ihren gegenwärtigen Kaufpreis zu erreichen, beträgt aktuell 39 Jahre – mehr als in jeder anderen Metropole der Welt.

Fokus Frankfurt

In der Mainmetropole haben sich die Wohnungspreise im letzten Jahrzehnt verdoppelt und die realen Preise sind allein im letzten Jahr um rund 8 Prozent gestiegen. Als eines der größten Finanzzentren Europas hat Frankfurt von einem soliden Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum profitiert. Gleichzeitig ist auch die Bevölkerung rasch gewachsen, was sowohl auf einen Geburtenüberschuss als auch auf eine positive Migration zurückzuführen ist. Folglich sind auch die Mieten gestiegen, seit 2010 sogar um fast 40 Prozent. Darüber hinaus haben Projektentwickler vor allem das obere Marktsegment ins Visier genommen, was die Immobilienpreisinflation weiter anheizt und die Stadt für ihre Bürger zunehmend unbezahlbar macht.

Maximilian Kunkel, Chefanlagestratege für UBS in Deutschland: «Keine anderen Städte der Welt sind dem Risiko einer Immobilienblase so stark ausgesetzt wie München und Frankfurt. Der überdurchschnittlich hohe Preisanstieg von Wohneigentum am Main und an der Isar hat diese Gefahr im letzten Jahr weiter erhöht. Gerade Investoren, die aus Renditeüberlegungen Käufe in diesen Regionen Deutschlands erwägen, sollten derzeit Vorsicht walten lassen. Auch deshalb, weil die aktuellen Immobilienpreise noch nicht die langfristigen Folgen der Pandemie reflektieren.»

Staatliche Unterstützung erhöht Widerstandsfähigkeit nur kurzfristig

Trotz der Pandemie sind die Wohnungsmärkte im ersten Halbjahr 2020 weitestgehend stabil geblieben. Die Studie macht dafür drei Hauptgründe aus: Erstens sind Wohnungspreise ein nachlaufender Konjunkturindikator. Sie bilden einen Abschwung nur mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung ab. Zweitens haben die meisten potenziellen Eigenheimkäufer im ersten Halbjahr 2020 keine unmittelbaren Einkommenseinbussen erlitten. Kreditmittel für Unternehmen und Kurzarbeit haben die Folgen der Krise abgemildert. Und drittens haben Eigenheimbesitzer in vielen Städten während des Lockdowns staatliche Unterstützung erhalten. Eigenheimsubventionen wurden erhöht, Steuern gesenkt und Zwangsvollstreckungsverfahren kurzfristig ausgesetzt.

Tobias Vogel, Market Head Wealth Management Germany und Vorstandsmitglied UBS Europe SE: «Keine anderen Städte der Welt sind dem Risiko einer Immobilienblase so stark ausgesetzt wie München und Frankfurt. Der überdurchschnittlich hohe Preisanstieg von Wohneigentum am Main und an der Isar hat diese Gefahr im letzten Jahr weiter erhöht. Gerade Investoren, die aus Renditeüberlegungen Käufe in diesen Regionen Deutschland erwägen, sollten derzeit Vorsicht walten lassen. Auch deshalb, weil die aktuellen Immobilienpreise noch nicht die langfristigen Folgen der Pandemie reflektieren.»

Matthias Holzhey, Autor der Studie und Head of Swiss Real Estate Investments bei UBS Global Wealth Management, ergänzt: «Die Städte in der Blasenrisikozone verkraften die Corona-Krise offenbar relativ gut. Die lokale Wirtschaft in München, Toronto und Hongkong wird sich vermutlich rasch erholen. Aber selbst wenn es nicht zu einer breiten Marktkorrektur kommt, dürfte das Potenzial für weitere Kapitalgewinne ausgeschöpft sein. Vor allem die Ertragsperspektiven vermieteter Eigentumswohnungen sind in vielen Städten schlecht, da die Preise im Verhältnis zur Miete extrem hoch sind.»

Regionale Ergebnisse

Europa

Die Ungleichgewichte an den Eigenheimmärkten sind in allen analysierten Städten in Europa in den letzten vier Quartalen gestiegen. Die europäischen Städte weisen weltweit die höchsten Bewertungen auf. Wegen der niedrigen Finanzierungskosten, die nicht im Einklang mit der Stärke der lokalen Volkswirtschaften stehen,
UBS Europe SE, Mitteilung, 30. September 2020 Seite 3 von 4
legten die Immobilienpreise exzessiv zu. In München und Frankfurt haben sich die Preise in den vergangenen zehn Jahren sogar mehr als verdoppelt.
London dagegen weist von allen analysierten Städten die schwächste Preisentwicklung seit 2016 auf. Dennoch bleibt die Stadt im überbewerteten Bereich. Fragen der Erschwinglichkeit, politische Unsicherheit sowie eine Verschärfung des steuerlichen und regulatorischen Umfelds setzen die Immobilienpreise zusätzlich unter Druck. Wir gehen davon aus, dass ausländische Käufer das schwächere Pfund und den Preisrückgang für sich nutzen und damit mittelfristig das Preisniveau stützen dürften.

USA

In den Städten an der Ostküste waren die Indexwerte in den letzten fünf Jahren relativ stabil. Die Märkte an der Westküste hingegen entwickelten sich weniger konstant. In Los Angeles sind die Indexwerte weiter gestiegen, während die Bewertungen in San Francisco infolge sinkender Eigenheimpreise rückläufig waren. Insgesamt profitieren die Wohnungspreise in den USA vom Rückgang der Hypothekenzinsen auf historisch niedrige Niveaus. Die Preisveränderungen in den analysierten Städten bleiben jedoch hinter dem landesweiten Durchschnitt zurück. Die Nachfrage nach Immobilien in Stadtzentren hat sich abgeschwächt, da die Menschen aus Gründen der Erschwinglichkeit und wegen der Folgen von COVID-19 in die Vororte zogen. Die fortgesetzte Abwanderung in Bundesstaaten, in denen die Kosten niedriger sind und die bessere steuerliche und aufsichtsrechtliche Bedingungen bieten sowie unternehmensfreundlicher sind, hat diesen Trend beschleunigt.

Naher Osten

Tel Aviv hat in den vergangenen 30 Jahren von den in diesem Bericht analysierten Städten mit das stärkste Preiswachstum verzeichnet. Aktuell befinden sich die Wohnungspreise dank besserer Finanzierungsbedingungen und des knappen Angebots an Wohnimmobilien wieder in einem Aufwärtstrend. Die Regierung hat die Erwerbssteuer für Zweiteigenheime gesenkt und damit Investitionen am Wohnungsmarkt begünstigt. Der Immobilienmarkt von Dubai hingegen hat einen neuen zyklischen Tiefpunkt erreicht. Seit dem letzten Höchststand 2014 sind die Preise um mehr als 35 Prozent gefallen, und die Bewertung ist seitdem stark zurückgegangen. Positive Preiseffekte des starken Bevölkerungswachstums und günstigerer Hypothekenbedingungen werden durch das anhaltend kräftige Angebotswachstum und die Ölpreisschwäche ausgeglichen.

Asien-Pazifik (APAC)

Die Hauspreise in Hongkong und Singapur sind im ersten Halbjahr recht stabil geblieben. Während jedoch die realen Eigenheimpreise in Hongkong um 50 Prozent über dem Niveau von vor zehn Jahren liegen, sind die Preise in Singapur im selben Zeitraum nahezu unverändert geblieben. Eine Verschärfung der aufsichtsrechtlichen Bestimmungen hat sich in der «Löwenstadt» im letzten Jahrzehnt als sehr wirksam zur Begrenzung des Preiswachstums erwiesen. Die unsicheren Konjunkturaussichten belasten den Marktausblick in beiden Städten. Da diese in ihren jeweiligen Regionen jedoch eine wichtige Rolle spielen, dürfte die Nachfrage mittelfristig hoch bleiben. Tokio hat sich dank seines starken Bevölkerungswachstums und attraktiver Finanzierungsbedingungen zu einem der dynamischsten Wohnungsmärkte in der Region entwickelt. In Sydney haben eine Lockerung der Kreditvergabestandards sowie die Zinssenkungen der RBA in den letzten Quartalen ein Strohfeuer entfacht, aus dem eine moderate, vermutlich jedoch flüchtige Preiserholung hervorgegangen ist.