Der Einfluss der im Sommer implementierten Mietpreisbremse ist bisher gering. Die Angebotsmieten stiegen zwar etwas schwächer an als im Vorjahr (6,6 Prozent), jedoch immer noch um 5,1 Prozent. Dies ist ein Ergebnis des diesjährigen Wohnmarktreports Berlin, der gemeinsam von der Berlin Hyp AG und vom Immobilienberatungsunternehmen CBRE herausgegeben wird. Der Wohnmarktreport analysiert die aktuellen Entwicklungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt und wertet hierfür mehr als 110.000 Mietangebote sowie mehr als 67.000 Inserate für Eigentumswohnungen aus den ersten drei Quartalen der Jahre 2014 und 2015 für die insgesamt 190 Postzahlgebiete Berlins aus. Aufgrund der Datendichte können auch kleinräumige Entwicklungen beobachtet und verlässliche Ergebnisse erzielt werden.
Bevölkerung, Wirtschaft, Einkommen und Miete: Berlin wächst weiter
Berlin hat im Jahr 2014, wie in den Vorjahren, rund 40.000 Einwohner hinzugewonnen. Im Jahr 2015 wurden darüber hinaus laut einem Bericht der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales alleine 57.500 Asylbewerber registriert – zusätzlich zu den nicht registrierten Flüchtlingen und der regulären Zuwanderung von Arbeitskräften, Studenten und nachgezogenen Familienmitgliedern. Im Herbst 2015 rechnete der Berliner Senat mit einem Wirtschaftswachstum von 2,2 Prozent für das Jahr 2015, was 0,4 Prozent über dem Bundesdurchschnitt liegt. Auch die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stieg von Mitte 2014 bis Mitte 2015 um 3,1 Prozent. Berlin befindet sich damit in dieser Entwicklung an der Spitze der Bundesländer.
„In vielen Bereichen schließt Berlin mittlerweile schnell zu anderen deutschen Metropolen auf“, sagt Dr. Henrik Baumunk, Head of Residential Valuation bei CBRE. „Berlin strahlt eine große Attraktivität aus und lockt sehr viele Menschen in die Stadt. Davon profitieren auch die Investoren am Wohnungsmarkt.“ Gleichzeitig gibt es noch weiteren Raum für zukünftiges Wachstum. „Als einzige der sieben großen Städte Deutschlands liegt die Kaufkraft pro Einwohner in Berlin unter dem deutschen Bundesdurchschnitt. Setzen sich jedoch die positiven Trends in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung weiter fort, ermöglicht dies eine Aufwertung der Wohnsituation für viele Menschen und bietet dementsprechend Entwicklungsmöglichkeiten auf dem Wohnungsmarkt“, erklärt Baumunk.
Rasante Entwicklung in Mitte
Der Blick auf die einzelnen Bezirke ergibt ein differenziertes Bild. Vor allem im Bezirk Mitte ist eine ansteigende Entwicklung zu beobachten. Von den für 2014 registrierten neuen Einwohnern entfallen allein rund 8.400 auf Mitte und ließen den Bezirk somit um 2,4 Prozent wachsen. Auch bei der Neubautätigkeit rangiert Mitte auf Platz Eins unter den Berliner Bezirken. Dies gilt sowohl für Genehmigungen wie auch für fertiggestellte Geschosswohnungen. Werden auch Ein- und Zweifamilienhäuser hinzugerechnet, wurden im Bezirk Pankow die meisten Wohnungen fertiggestellt. Ein Grund hierfür ist, dass einige innerstädtische Bezirke zu großen Teilen bereits sehr dicht bebaut sind. Dazu zählen beispielsweise Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg.
Starke Unterschiede hinsichtlich des Mietanstiegs zwischen den Bezirken
Bei den Angebotsmieten, die in Berlin im Schnitt um 5,1 Prozent stiegen, gab es deutliche Unterschiede zwischen den Bezirken. Mitte (+7,0 Prozent), Friedrichshain-Kreuzberg und Reinickendorf (jeweils +5,9 Prozent) sind die drei Bezirke mit den prozentual größten Zuwächsen, Lichtenberg (+0,9 Prozent), Charlottenburg-Wilmersdorf (+1,8 Prozent) sowie Marzahn-Hellersdorf (+2,4 Prozent) mit den Geringsten. „Der starke Anstieg im Bezirk Mitte basiert zum einen auf der anhaltenden Popularität von Mitte, Wedding und Tiergarten, wie an den deutlich steigenden Einwohnerzahlen zu erkennen ist“, sagt Gero Bergmann, Vorstandsmitglied der Berlin Hyp. „Der andere Grund ist die große Anzahl an Neubauprojekten in Mitte, wodurch die Mieten hier tendenziell steigen.“ Der Wohnmarktreport zeigt außerdem Unterschiede zwischen den unteren und den oberen Marktsegmenten auf. Deutlich wird dabei, dass fast in allen Bezirken die Angebotsmieten im oberen Marktsegment stärker gestiegen sind als im unteren Marktsegment. Lediglich auf Neukölln und Spandau trifft diese Beobachtung nicht zu.
Das Neubaugeschehen zieht an
Für den Bericht wurden 240 Wohnungsneubauprojekte analysiert, in denen in den nächsten Jahren insgesamt mehr als 22.000 Wohnungen entstehen sollen, davon knapp 40 Prozent als Mietwohnungen. Hinsichtlich des Volumens unterscheiden sich die Bezirke deutlich. Während in Marzahn-Hellersdorf nur 220, in Reinickendorf 270 und in Tempelhof-Schöneberg 550 Wohnungen entwickelt werden, beträgt die Zahl der geplanten Wohnungen in Treptow-Köpenick 3.300, in Lichtenberg 3.650 und in Mitte 4.870. „Angesichts des normalen Zuzugs und der Flüchtlingssituation brauchen wir künftig einen weiteren, deutlichen Anstieg der Wohnungsbautätigkeit“, so Bergmann. „Die Entwicklung einer ausreichend großen Anzahl neuer Projekte ist bereits seit Jahren zwingend erforderlich und vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen umso mehr unabdingbar, um der weiter steigenden Nachfrage gerecht zu werden.“
Wohneigentum wird teurer, vor allem in Randgebieten
Im Jahr 2015 stieg der mittlere Angebotspreis für Eigentumswohnungen um 10,1 Prozent auf 3.000 Euro pro Quadratmeter an. Der prozentuale Zuwachs fiel damit nahezu doppelt so hoch aus wie bei der mittleren Angebotsmiete. Steglitz-Zehlendorf zeigte mit 16,3 Prozent den höchsten prozentualen Zuwachs.
Noch deutlicher als bei den Eigentumswohnungen war der Anstieg des mittleren Angebotskaufpreises pro Quadratmeter für Mehrfamilienhäuser. Dieser legte 2015 um 18,5 Prozent zu. Die Anzahl der Angebote sank von 2014 zu 2015 deutlich von 1.511 auf 930. Die höchsten Angebotspreise verlangten Verkäufer in Charlottenburg-Wilmersdorf mit 2.410 Euro pro Quadratmeter sowie in Steglitz-Zehlendorf mit rund 2.260 Euro pro Quadratmeter.
Feinanalyse im Wohnkostenatlas
Neben der Kaufkraft und den Quadratmeterpreisen sind auch die Größen der Wohnungen und deren Nebenkosten relevant. Aus dem Zusammenspiel der Indikatoren lässt sich die Wohnkostenquote ermitteln, die aufzeigt, welcher Prozentsatz der Haushaltskaufkraft für das Wohnen im Mittel bei Neuanmietungen ausgegeben werden muss. „Vereinfachend kann man den Berliner Wohnungsmarkt in drei Gebietstypen aufteilen“, erklärt Michael Schlatterer, Teamleiter Residential Valuation bei CBRE. „City- und Villenlagen mit hoher Kaufkraft und hoher Wohnkostenquote, daneben Szeneviertel, bei denen die Wohnkostenquote relativ hoch, die Kaufkraft jedoch gering ist. Und schließlich die Stadtränder, die sich durch eine mittlere Kaufkraft bei geringen Wohnkostenquoten auszeichnen. In dem Quartier Hackescher Markt geben die Haushalte bei Abschluss eines Mietvertrages im Schnitt 47,3 Prozent ihres Einkommens für das Wohnen aus. Das Gegenbeispiel hierzu ist Marzahn-Hellersdorf, wo die Angebotsmieten teils unter sechs Euro pro Quadratmeter liegen und die Wohnkostenquote mit fast durchweg unter 20 Prozent relativ niedrig ausfällt.“
Flüchtlingszuzug: Einflüsse auf den Wohnungsmarkt unklar
Es ist unumstritten, dass die 2015 nach Berlin gekommenen Flüchtlinge die Stadt unter anderem hinsichtlich der Unterbringung vor eine enorme Herausforderung stellen. Der mittel- bis langfristige Einfluss auf den Wohnungsmarkt ist aktuell jedoch noch nicht verlässlich einschätzbar, da noch unklar ist, wie viele der Flüchtlinge tatsächlich in Berlin wohnhaft bleiben und in welchem Umfang Familien nachziehen. Zudem ist fraglich, inwieweit der Königsteiner Schlüssel für die Verteilung der Flüchtlinge weiter praktikabel angewandt wird.
Der Einfluss der Mietpreisbremse wird aktuell eher gering bewertet. „Zwar stiegen die Mieten etwas geringer an als noch im Vorjahr, aber dies ist größtenteils auf andere Entwicklungen zurückzuführen als auf die Mietpreisbremse“, so Baumunk. „Der Grund ist vielmehr, dass Mieter die Grenze ihrer Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft erreichen und so die Fluktuationsrate zurückgeht. Die Berliner ziehen weniger um und es ist wieder eine verstärkte Abwanderung ins Brandenburger Umland zu verzeichnen.
Berlin als verlässlicher Investmentstandort
„Das stabile Wachstum der lokalen Wirtschaft und der Bevölkerung sichert die Attraktivität Berlins als Investmentstandort“, erklärt Bergmann. „Zu den Innenstadtbezirken kommen zusehends die einfacheren Lagen und Großwohnsiedlungen am Stadtrand hinzu. Dies zeigt sich auch in deutlichen Preissteigerungen in jenen Lagen.“ Insgesamt weist der Gutachterausschuss Berlin (GAA) für Mietwohnhäuser sowie Wohn- und Geschäftshäuser durchschnittliche Preissteigerungen von über zehn Prozent aus. Zudem hat der GAA einen Rückgang in Bezug auf Geldumsatz und Anzahl der Kauffälle feststellen können. Der wesentliche Grund hierfür liegt darin, dass sich das Immobilienangebot in den attraktiven Lagen weiter verknappt.
„Wir haben für Berlin Portfolio-Transaktionen im Wert von 3,6 Milliarden Euro erfasst“, so Schlatterer. „Das sind rund 15 Prozent des Transaktionsvolumens in Deutschland.“ Dabei ist die Zusammensetzung der Investoren sehr diversifiziert. Neben den börsengelisteten Bestandshaltern sind es Immobilienspezialfonds und Family Offices, die in Bestandsimmobilien investieren. Pensionskassen, Versicherungen und die landeseigenen Gesellschaften konzentrieren sich derzeit eher auf Neubauprojekte. Ein weiterer Preisanstieg ist aufgrund der starken Nachfrage wahrscheinlich.