Bereits sechs Jahre in Folge kennt das Umsatzvolumen von Wohn- und Geschäftshäusern* in Deutschland nur eine Richtung. Mit bundesweit rd. 23,8 Mrd. € wurde im Jahr 2015 nicht nur das Vorjahresergebnis um 22,1 % übertroffen, sondern auch der bisherige Rekordumsatz von 23,3 Mrd. € aus dem Jahr 2007. „Die Zeit der Schnäppchen ist endgültig vorbei“, heißt es im aktuell erschienenen „Wohn- und Geschäftshäuser Marktbericht Deutschland 2016“ von Engel & Völkers Commercial.
Unbeeindruckt von der Mietpreisbremse
Thema des Jahres 2015 war auf den Wohnungsmärkten das Inkrafttreten der Mietpreisbremse. Wie die kontroversen Diskussionen zeigen, sind die tatsächlichen Auswirkungen der Mietpreisbremse noch nicht absehbar. Insgesamt ist der Trend steigender Mieten weiter ungebrochen, da der Zuzug den hohen Nachfragedruck auf den Wohnungsmärkten anhalten lässt. Die immens ansteigenden Flüchtlingszahlen potenzieren diese Entwicklung insbesondere in den einfachen und mittleren Lagen um ein Vielfaches.
Unbeeindruckt von den regulatorischen Markteingriffen entwickelten sich die Kaufpreise und die Nachfrage nach Anlageimmobilien, die aktuell einen neuen Höhepunkt erreicht hat. Aufgrund des begrenzten Angebots und der hohen Kaufpreise in sogenannten A-Lagen, also den sehr guten und guten Wohnlagen, weichen viele Investoren besonders in den Metropolen auf Nebenlagen und mittlerweile auch auf kleinere Städte aus. Dabei sind nicht nur die sogenannten B-Standorte, sondern auch kleinere C- und D-Standorte interessant geworden. „Der Investitionsfokus war bisher überwiegend auf die Metropolen gerichtet, streift jedoch immer häufiger Städte wie Leipzig, Bremen, Essen oder Nürnberg“, hebt Carsten Rieckhoff, Leiter Research bei der Engel & Völkers Commercial GmbH, hervor. Dort sind steigende Verkaufszahlen zu beobachten, wohingegen die Transaktionen in den A-Städten auf sehr hohem Niveau stagnieren.
Metropolen verlieren an Dynamik
„Die Clusterung nach Städtekategorien zeigt auch, dass es in den B-, C- und D-Städten zu signifikanten Zuwächsen bei den Verkaufszahlen und zu einem überdurchschnittlichen Anstieg der Transaktionsvolumina kam“, fasst Rieckhoff zusammen. In den D-Städten stieg der kumulierte Geldumsatz im Vergleich zum Vorjahr um rd. 33 % auf 748,6 Mio. EUR und macht nun 5,6 % des in den 56 Engel & Völkers Standorten erfassten Gesamtumsatzes aus. Aufgrund des zunehmenden Angebotsmangels ist demgegenüber der Anteil der A-Städte von 64 % auf 59 % gesunken.
Preisstabilität war gestern
War noch zu Anfang des Jahres 2015 von einer Stabilisierung der Preise gesprochen worden, zeigen die aktuellen Zahlen ein anderes Bild. Wieder deutlich gestiegen sind dabei die Kaufpreise in den Top-7-Märkten. Trotz des hohen Vorjahresniveaus konnte bei den Quadratmeterpreisen in den guten Lagen ein durchschnittliches Wachstum von 7 % registriert werden, womit der Wert jetzt bei 2.973 EUR/m² liegt. Noch dynamischer entwickelten sich nur die D-Städte mit einem Anstieg um 8 %, wobei hier das Ausgangsniveau deutlich geringer war. Mit 1.529 EUR/m² bezahlen die Anleger hier nahezu nur die Hälfte. Auffällig ist, dass sich die Preise zwischen den B-, C- und D-Standorten zunehmend angleichen“, hat der Marktresearcher beobachtet. Mit durchschnittlich 1.594 EUR ist der Quadratmeterpreis in den B-Standorten gerade einmal 65 EUR teurer.
Kleine Städte – Große Rendite
Der Blick auf die Faktoren verstärkt die Betrachtung. Im Zeitraum von 2010 bis 2015 sind die Faktoren in den A-Standorten mit dem aktuell 21,9-fachen der Jahresnettomiete um drei Faktoren höher als noch 2010. Deutlich günstiger ist es hingegen in den anderen Städteklassen. So beträgt der Spread zwischen A- und B-Städten im Durchschnitt ganze 6,6 Faktoren. Wie bei den Kaufpreisen lässt sich auch hier außerhalb der sieben Top-Märkte eine zunehmende Angleichung beobachten. In den D-Standorten stiegen die Vervielfältiger seit 2010 im Mittel um 2,6 und lagen im 2. Halbjahr 2015 beim 14,6-fachen der Jahresmieteinnahmen.
Insgesamt verdeutlicht dieser Spread, dass es immer schwieriger wird in den guten Lagen der A-Standorte noch eine auskömmliche Verzinsung zu erwirtschaften. Dort sind überwiegend sicherheitsorientierte Investoren mit der Zielsetzung „Werterhalt“ zu finden. „Wer höhere Renditen erwirtschaften muss, sollte auf die mittleren und immer mehr auf die einfachen Lagen ausweichen, oder in andere und kleinere Standorte“, empfiehlt Rieckhoff.
*Bei Wohn- und Geschäftshäusern handelt es sich um Immobilien mit mindestens vier vermieteten Wohnungen, die im Besitz einer Privatperson, einer Erbengemeinschaft oder eines Unternehmens sind. Neben dem reinen Mehrfamilienhaus fallen unter den Begriff auch Mischobjekte, die gewerbliche Flächen enthalten, wie z.B. kleinere Ladenflächen im Erdgeschoss oder eine Arztpraxis. Der Anteil dieser Flächen erbringt jedoch weniger als 20 % der Nettokaltmiete, so dass der Wohncharakter dominiert. Synonyme in der Immobilienwirtschaft sind darüber hinaus Geschosshaus, Anlageimmobilie oder Zinshaus.